Liebe Mitglieder des Ortsvereins Bonn-Köln der Deutschen Thomas-Mann-Gesellschaft, liebe Interessierte an unserer Arbeit,
allen, die an unserem ersten ‚Literarischen Gartensalon‘ in der vorvergangenen Woche nicht teilnehmen konnten, will ich meinen begeisterten Bericht darüber nicht vorenthalten: Herr Büning-Pfaue hatte seinen Garten zur Verfügung gestellt und wir hatten mehr Anmeldungen erhalten, als dieser unter Einhaltung des bekannten Regelwerks zu fassen vermochte. Unser Gastgeber hatte für eine erstklassige und selbstgemachte Verköstigung gesorgt, verschiedene Gäste hatten köstliche Getränke mitgebracht.
Frauke May hatte den Lieblingstext Manns ihrer jungen Jahre dabei, den Tonio Kröger, und las daraus den dritten Absatz, den Dialog, der höchst eigentlich ein Monolog ist, zwischen Lisaweta Iwanowna und Tonio Kröger. Eine höchst handlungsarme und gedankenschwere Passage, die Frau May aber so gekonnt und so farbig gestaltete, daß es ein wahrer Genuß war. Ihre Imitation eines russischen Akzents der Iwanowna wurde begeistert aufgenommen. Die sprachliche Qualität des Textes begann gesprochen zu leuchten. Man fühlte sich an das im Text versteckte Eigenlob Thomas Manns erinnert und wurde überzeugt, daß es sich hierbei und ein „wertvoll gearbeitetes Ding“ handelt, „voll Humor und Kenntnis des Leidens.“ – Ein Satz, mit dem man das Gesamtwerk Thomas Manns überschreiben könnte.
Verschiedene Mitschnitte in Ton und Bild wurden gefertigt, die nun daraufhin überprüft werden, ob sie für eine ausschnittsweise Veröffentlichung auf unserer Seite taugen. In den anschließenden lebhaften Gesprächen wurden verschiedenste Themen für weitere Gartensalon-Treffen besprochen und nach weiteren geeigneten Freiräumen gesucht, in denen unter den obwaltenden Umständen sich unsere Mitglieder ohne Sorgen wieder treffen können.
Auch wenn in den letzten Tagen schon ein herbstlicher Wind von den Bäumen das Laub riß, bin ich mir sicher, daß uns noch ein paar südlichere Tage vergönnt sein werden und wir im September und Oktober noch ein, zwei Termine für einen literarischen Gartensalon finden sollten, für die wir kein, für angemietete Innenräume obligatorisches Hygiene-Konzept erstellen und uns genehmigen lassen müssen. Das bürgerlich-verantwortliche Bewußtsein zur Abstandswahrung können wir zum Glück in unserer Mitgliederschaft verantworten.
So hat sich inzwischen Frau Margit Haider-Dechant bereit erklärt, die Rasenfläche ihres Woelfl-Hauses für einen Gartensalon zur Verfügung zu stellen. In diesem schönen Rahmen wäre natürlich ein musikalisch-literarisches Thema zu Thomas Mann angezeigt. Hierzu bitte ich noch um Anregungen, ein Termin kann kurzfristig gefunden werden.
Ich möchte zunächst auf die Anregung von Frau Dr. Bensch zurückkommen, die letzten Jahre Thomas Manns in den USA und seine Entscheidung, diese wieder in Richtung Europa – aber nicht nach Deutschland, sondern eben in die Schweiz – zu verlassen. Die Intellektuellen-Hatz eines Herrn McCarthy, der unsägliche Umgang der Politiker miteinander, all dies hat in den Tagebucheintragungen und in Briefen Thomas Manns insbesondere an Hermann Hesse breiten Niederschlag gefunden. Gemeinsam mit Frau Dr. Bensch werde ich hierzu eine kleine Lesung vorbereiten, bei der wir einleitend auch die jeweiligen privaten und politischen Tagesbezüge erläutern. Im Weingut Sülz in Oberdollendorf habe ich angekündigt, daß wir dort an einem Wochentag abends um 18.00 Uhr mit einer angemeldeten Gruppe erscheinen werden. Es stehen dort ca. 250 Plätze im Garten zur Verfügung, die unter der Woche nur zu einem kleineren Teil belegt sind und wir daher immer die Möglichkeit haben, uns etwas abzusondern. Einen konkreten Termin werde ich in Abstimmung mit Frau Bensch und meiner Wetter-App mit dem Vorlauf von ca. einer Woche nochmals in die Runde geben.
Unterdessen sollten wir nicht müde werden, uns für die Wintersaison nach Räumlichkeiten umzuschauen. Gemeinsam mit Herrn Büning-Pfaue werden wir für den Saal der Schlaraffia in der Schedestraße ein Hygiene-Konzept erarbeiten und uns dieses vom Ordnungsamt genehmigen lassen. Neuland für uns alle.
Über ein erfreuliches Ereignis darf ich zum Abschluß berichten: Herr Bernhard F. Schoch ist unserem Ortsverein beigetreten. Herr Schoch ist Musiker und lebt in Köln; als Begrüßungsgeschenk erhielt er einen Band aus unserer Schriftenreihe, einen weiteren hat er sogleich dazu bestellt. Wir freuen uns darauf, seine Bekanntschaft zu machen und ich nutzte die Gelegenheit nochmals darauf hinzuweisen, daß sich unsere Schriften vorzüglich als Geschenk im literarisch interessierten Freundeskreis eignen.
Diesem Rundbrief habe ich nochmals ein Blankett zur Einwilligungserklärung der Datennutzung beigefügt und auch die aktuelle Liste all derer, die bereits unterzeichnet haben. Herr von Weizsäcker bittet um Verständnis dafür, daß er seine postalische Adresse nicht angeben möchte. Ich bitte Sie zu prüfen, ob mir kein Name entgangen ist, ob ich alle Angaben korrekt übernommen habe.
So verbleibe ich einstweilen mit herzlichen Grüßen und wünsche auch weiterhin viel Zuversicht, Ihr Peter Baumgärtner