Liebe Mitglieder des Ortsvereins Bonn-Köln der Deutschen Thomas-Mann-Gesellschaft, liebe Interessierte an unserer Arbeit,
„Das Vaterland kann man verlieren, aber die Muttersprache ist der unverlierbare Besitz, die Heimat der Heimatlosen.“ Von diesem Satz Klaus Manns – aus: Das Sprachproblem von 1947 – war ich seltsam ergriffen. Er denkt darin nach über sein erzwungenes Schreiben in einer fremden Sprache. Ich mußte an unseren gegenwärtigen kulturellen Heimatverlust denken, an unseren Verlust persönlicher Begegnungen, des gemeinsamen Erlebens von Kultur, in der Oper, Konzerthäusern, Theatern, Museen, Kinos und in unserem Falle eben von Lesungen, von Gesprächen über Literatur. Was uns bleibt, ist die Sprache an sich, die Texte, unsere Bücher, mit denen wir noch einige Zeit einsam in unserem häuslichen Exil verbringen müssen.
Auf meinen letzten Rundbrief erhielt ich vielerlei Zustimmung zu meinen Äußerungen zu den Übersetzungsfragen festgemacht an dem Gedicht von Amanda Gorman, aber ich erhielt auch einen recht entrüsteten Brief über meine Äußerungen zur gendergerechten Sprache und den diversen sexuellen Identitäten. Mein Ausdruck ‚sprachliche Umerziehung‘ sei sehr polemisch gewesen, was ich in einem Antwortbrief auch einräumte, dies aber eben meinem persönlichen Empfinden entsprechen würde. Dann wurde moniert, daß meine Ausdrucksweise „gespiegelte und verdrehte sexuelle Identitäten“ bei Transmenschen übel aufstoßen würde. Darauf konnte ich nur antworten, daß in meinen Ohren der Begriff „Transmensch“ ganz fürchterlich klingt, bezeichnet er doch eher einen technisch-medizinischen Vorgang als die Sehnsucht und Neigung eines Menschen. Einig waren wir uns schnell, daß in einer Thomas-Mann-Gesellschaft jegliche Vorbehalte gegen jedwede sexuellen Neigungen keinen Platz haben und daß gerade in einer literarischen Gesellschaft Diskussionen über sprachliche Konventionen und Empfindlichkeiten sehr wohl ihren Platz haben.
Zu dem Buch ‚Prag empfing uns als Verwandte – Die Familie Mann und die Tschechen‘ hat sich ein interessanter Dialog entwickelt zwischen dem Autor Peter Lange und unserem Mitglied Ellen Klose aus Duisburg, über den zu berichten sein wird, wenn wir in hoffentlich nicht allzu ferner Zukunft Herrn Lange in Bonn begrüßen dürfen. Und auch bei Herrn Jens-Peter Otto kamen wieder vielfältiger Erinnerungen an die Fahrten mit Golo Mann auf und an seine vielen Begegnungen in Kilchberg, mit Katia, Erika und vielen anderen mehr. Auch hier gilt die oben genannte Hoffnung, bald in einer öffentlichen Veranstaltung darüber berichten zu können.
Doch nun zur Fortsetzung meines Spaziergangs durch die Literatur im Umfeld Thomas Manns Ende der 20er Jahre. Dabei stieß ich auf meine frühere Beschäftigung mit Klaus Manns ‚Treffpunkt im Unendlichen‘, erschienen 1932. Der Roman schildert das Leben junger, wohlhabender Leute, die in der bürgerlichen Welt nicht mehr zuhause sind.
Verschiedene Handlungsstränge werden parallel erzählt, spielen in Berlin und Paris, in Nizza und in München. Die erzählerische Form, der sprunghafte Wechsel von Zeit, Ort und Personen entspricht dem Dargestellten, dem Reigen, in dem diese jungen Menschen umeinander tanzen, sich trösten und sich verletzen. Das Leben bleibt ohne Ziel und Richtung, in filmischer Schnitttechnik beleuchtet Mann Augenblicke: Da liest eine Frau in der Zeitung von Hinrichtungen auf dem elektrischen Stuhl in den USA, während deren Freundin daneben von einem sportlichen Masseur, der über den Körperkult schwafelt, durchgewalkt wird; ein Zimmer weiter setzen sich zwei Freundinnen die Spritze und träumen vom großen Glück und auf der Straße ziehen grölend die Braunhemden mit den roten Fahnen vorbei, und im fernen Nizza nimmt sich ein junger Homosexueller das Leben, weil er keine Aussicht sieht, je sein Glück zu finden.
Klaus Mann wußte, wovon er schreibt. Viele aus seinem Umkreis fühlten sich karikiert, bloßgestellt, protestierten bei Klaus lauthals, nachdem das Buch erschienen war. Doch das Bloßstellen war nie seine Absicht. Er beschrieb in all seinen Figuren letztendlich sich selbst, seine eigene Ausweglosigkeit. Seine Art zu schreiben wurde erst dreißig Jahre später wieder entdeckt. Doch da war sein Licht längst erloschen.
Dies ist kein reifes Werk, sprachlich hätte er noch vieles feilen können, herbste Kritik mußte er dafür einstecken. So auch von Siegfried Kracauer, der am 1. Mai 1932 in der Frankfurter Zeitung das Buch eine „wendige Schmiererei“ nannte und „einfach zum Kotzen“ sei. „Klaus Mann mit seinem Schreibtalent schreibt das schmierige Leben einfach ab, ohne ihm irgendeine Bedeutung zu entnehmen, …“ Klaus Mann, verletzt, notiert in sein Tagebuch: „Kracauers bitterböser Aufsatz in der Frankfurter. Schon gescheit – aber dann hat man doch wieder gar nichts davon, weil zu voreingenommen, neidisch und essentiell […] böse ist. […] Kann mir trotzdem manches merken.“ Meinte er, wenn er den Sohn schlug, eigentlich den Vater? Ein Jahr zuvor schon, im Mai 1927, hatte Kracauer sich diesen vorgenommen:
„Der Dichter Thomas Mann verdient vor Thomas Mann, dem praeceptor Germaniae, in Schutz genommen zu werden; vor dem Praezeptor das Massenhafte der Demokratie. Es muß gesagt sein: das sonderbare Liebeswerben des großen bürgerlichen Prosaisten um die Demokratie, oder was er so nennt, ist ein Schauspiel unerquicklicher Art. Sein Instinkt ist über der Anstrengung unsicher geworden, sein Urteil hat sich verwirrt, seine Ironie sich vollends ins Grundlose verlaufen. Das Bild des Dichters erhielte sich reiner, wenn der demokratische Präzeptor sich weniger bemühte.“
Wer war dieser Siegfried Kracauer? Woher rührt diese Schroffheit? Kracauer wurde 1889 in Frankfurt geboren, studierte auf Wunsch der Eltern Architektur, war wie Thomas Mann beim Ausbruch des Ersten Weltkriegs begeistert, bevor er nach dem Kriege die Architektur hinter sich ließ. Er verfolgte in Frankfurt die Gründung des ‚Instituts für Sozialforschung‘ und lernte dabei Erich Fromm, Max Horkheimer und auch den jungen Theodor Wiesengrund Adorno kennen, im Freien Jüdischen Lehrhaus machte er die Bekanntschaft mit Martin Buber und Franz Rosenzweig. 1921 trat er als Lokalreporter bei der Frankfurter Zeitung ein, 1922 wechselte er ins Feuilleton, als dessen Chef er 1930 nach Berlin ging. Er bewegte sich also im Fokus linksliberaler Kreise der Weimarer Republik. Ob Thomas Mann dessen ersten Roman ‚Ginster‘ (erschienen 1928) nach dem obigen Zitat in die Hand genommen hat, halte ich für fraglich – sein Vergnügen daran hätte er gehabt. Das Buch trägt starke autobiographische Züge, wenngleich er seinen Protagonisten Ginster zu Beginn des Ersten Weltkriegs zu einem entschiedenen Drückeberger macht, der sehr an Felix Krull erinnert. Im Gegensatz zu Thomas Mann ist der Duktus von Kracauers Sprache wissenschaftlich knapp und präzise und entwickelt gerade dadurch eine poetische Kraft. Ginster arbeitete während des Krieges noch als Architekt und hat als solcher den Auftrag, einen Soldatenfriedhof zu planen:
„Ihre Angehörigen wollten sie wieder haben; wenn nicht lebendig, so doch die Leichen. Auch mußten sich die Soldaten selbst in schönen Gräbern wohler fühlen als draußen. Manche von ihnen waren zu Lebzeiten mit Frau und Kindern in einem Loch unterge- bracht gewesen, nun sollten sie wenigstens im Tod besser einquartiert werden.“ Neben einem solch ätzenden Sarkasmus versteht sich Kracauer auch in feiner und wunder- schön böswilliger Ironie. Ginster wird nach dem Kriege Lokalreporter und hat es als solcher mit den lokalen Größen zu tun: „Wenzel hatte einen Bauch in mittleren Jahren und beaufsichtigte die städtische Kanalisation. Das Wasser lief offenbar von selbst ab, denn er fand sich immer wieder in Ginsters Büro zu stundenlangen Besuchen ein.“
Kracauers literarisches Schaffen ging fließend in seine wissenschaftliche Arbeit über. So erschien 1930: ‚Die Angestellten – Aus dem neuesten Deutschland‘. Unmittelbar vor der Weltwirtschaftskrise betrachtet Kracauer kritisch die Heilsversprechen der kapitalistischen Wirtschaft, der beginnenden Rationalisierung in allen Bereichen. Das Buch gilt als Keimzelle der Sozialforschung. (Meine Ausgabe von 1959 ist bei Allensbach erschienen als Band 1 der ‚Klassiker der Umfrage-Forschung‘.) Das Buch ist weiß Gott nicht in einem trockenen Soziologenton geschrieben, sondern eher wie eine Reportage mit jeweils sich anschließenden analytischen Betrachtungen. Kapitelüberschriften wie ‚Kurze Lüftungspause‘, ‚Kleines Herbarium‘ oder ‚Zwanglos mit Niveau‘ sprechen für sich.
Beobachtungen und Begegnungen bilden stets die Grundlage für seine weiterführenden Gedanken. Das klingt nicht selten sehr humorvoll. Ein Beispiel: „Eine junge Verkäuferin hat mir von ihrer Freundschaft mit einem tüchtigen Metallarbeiter erzählt, der auf Drängen ihres Vaters den Beruf gewechselt habe. Der Vater ist nichts geringeres als ein Justizwachtmeister und duldet daher keinen Arbeiter in der Familie. Nun muß sich der Erwählte mit dem subalternen Posten eines Kassenboten begnügen, ist aber dafür zum Bräutigam avanciert.“
1933 wird Kracauer wie vielen anderen auch die Existenzgrundlage entzogen. Er flieht mit seiner Frau nach Paris, wo er als Journalist nach Publikationsmöglichkeiten sucht, insbesondere in deutschsprachigen Schweizer Zeitungen. Dort wird sein Schaffen von den Manns verfolgt. Klaus Mann, der in Zürich häufig mit Ernst Bloch zusammenkommt, notiert am 21.9.33 in sein Tagebuch: „Im »Odeon«: Bloch (z.B. über Kracauer, dem es elend gehen soll; Grenzen der Rachsucht.) “ Die Milde von Klaus Mann beeindruckt mich immer wieder, wahrscheinlich sein zentrales Problem in den rauen Zeitläuften, in denen er leben mußte.
Kracauer unternimmt in Paris einen zweiten Versuch eines literarisch-soziologischen Romans. 1937 erscheint bei Lange in Amsterdam: ‚Pariser Leben – Jaques Offenbach und seine Zeit‘. ‚Eine Gesellschaftsbiographie‘ lautet ein weiterer Untertitel und beleuchtet damit die Zwitterhaftigkeit des Dargestellten, den ständigen Wechsel der Brennweiten, der Fokussierung auf die Figur Offenbachs auf der einen Seite, und auf der anderen die Weitung des Blicks auf die politische und gesellschaftliche Entwicklung insbesondere in Frankreich. Man bedenke: Kracauer schrieb dieses Buch im Pariser Exil über einen anderen deutschen Juden, der 100 Jahre vor ihm in diese Stadt kam und die Welt der Musik revolutionierte. Mit keinem Wort erwähnt Kracauer seine eigene Gegenwart – und dennoch ist diese von der ersten bis zur letzten Seite präsent. Er feiert Offenbachs Weltläufigkeit, dessen Freiheit, Frivolität und Zugewandtheit an die Menschen, und damit eben das Gegenteil seiner deutschen Gegenwart. Wenn seine wenigen Leser 1937 vom Aufstieg Napoleons III. erfuhren: „Eine Nation, die voller Aktivität unpolitischen Zielen nachjagt, das war die Voraussetzung einer stabilen Diktatur.“ – dann wußten sie, was auch gemeint war – und wir sollten heute nicht überheblich darüber hinweglesen. Dies gilt für viele andere Sätze auch: „Die Operette konnte entstehen, weil die Gesellschaft, in der sie entstand, operettenhaft war. – Bedingt wurde der Operettencharakter dieser Gesellschaft aber dadurch, daß sie sich gegen die Wirklichkeit verstockte, statt sich nüchtern mit ihr auseinanderzusetzen.“ Offenbachs Antipode war natürlich Wag- ner: „Gelehrt und langweilig zu sein, ist nicht gleichbedeutend mit Kunst; mehr wiegt, pikant und melodienreich zu sein…“
Nun habe ich einen Roman Kracauers übersprungen: ‚Georg‘. Er hatte ihn bereits Ende 1932 fertig gestellt, erschien aber erst posthum 1973. Wie ‚Ginster‘ ist er stark autobiografisch geprägt und quasi die Fortsetzung des ersteren. Er spielt Anfang der zwanziger Jahre vor dem Hintergrund der galoppierenden Inflation. Der Lokalreporter Georg faßt Fuß in einer Zeitungsredaktion, wird stadtbekannt durch seine Rezensionen aus dem Kulturleben, findet dadurch Zugang in die Gesellschaft des wohlhabenden Bildungsbürgertums, wenngleich sein Herz für die Linke schlägt. In Kreisen der radikalen Kommunisten wird er allerdings mit Argwohn beäugt, sein Denken in Bezug auf ein freies Künstlertum paßt nicht in die Schemen der marxistischen Dogmen. Dies ist ein Erzählstrang des Romans. Er dient auch als Hintergrund für ein Gesellschaftsbild dieser Zeit. Der Reporter Georg durchmißt alle Gesellschaftsschichten, mit seinen Augen entwickelt Kracauer so etwas wie eine erzählerische Soziologie, die wieder sehr humorvoll daherkommt. „(…) da Frau Heinisch bei jeder Gelegenheit stolz versicherte, daß sie Willi im Interesse des Weltfriedens nicht mit Bleisoldaten zu spielen erlaube, hatte er sich den Jungen immer als ein besonders inniges Musterbübchen vorgestellt. Statt dessen entpuppte sich Willi als ein rötlicher, fetter Brocken, der so wenig an die Verwirklichung des Weltfriedens dachte, daß er seine Fäuste drohend gegen die Mutter erhob.“ Und Kracauer getraut sich sprachlich einen kräftigen Pinselstrich: „Der Sprecher war ein schwarzhaariger junger Mann, dessen goldenes Pincenez vor Selbstzufriedenheit laut funkelte. Außerdem hatte er beständig ein öliges Lächeln auf den Lippen, mit dem er sicher seine Gescheitheit einfettete.“ Die in den zwanziger Jahren um sich greifende Sportbegeisterung beobachtet er mit skeptischen Blicken: „Wozu sie eigentlich die viele Gesundheit benutzen wollten, war nicht zu ermitteln.“
Der andere Erzählstrang beschreibt seine Liebe zu dem um zehn Jahre jüngeren, hübschen und wohlhabenden Fred. Dieser gleichgeschlechtliche Liebesreigen wird mit großer Deutlichkeit und ebensolcher Zartheit geschildert. Zu meiner Überraschung fand ich im Netz, im ‚Bibliotheksservice-Zentrum Baden-Württemberg‘, die Schilderung der Annäherung von Siegfried Kracauer an Thomas Mann. 1934 wandte er sich nach Küssnacht, um um Unterstützung bei der Suche nach einem Verlag für ‚Georg‘ zu bitten.
Mann sei darob „etwas verdutzt“ gewesen, denn „in Friedenszeiten“ habe er für ihn „nie viel übrig gehabt, was sehr milde gesagt ist.“ Dennoch läßt er sich das Manuskript zukommen und lobt den Roman in höchsten Tönen:
„Die hohen literarischen Eigenschaften Ihres großen Gesellschaftsbildes haben ihren Eindruck auf mich nicht verfehlt, und das Problem des Buches, ich meine sein Schicksal, beschäftigt mich angelegentlich. Ich habe in diesen Tagen der Lektüre seine geschmeidige Stilistik, seinen Geist, die schmerzliche Schärfe seiner Beobachtung zu sehr schätzen und ehren gelernt, als daß ich seine baldige Veröffentlichung nicht mit Ihnen wünschen müßte, (…).“
In diesem respektvollen Ton beginnt ein Briefwechsel, von dem 16 Schreiben überliefert sind. In Amerika unterstützt Mann Kracauer noch bei der Bewerbung um ein Stipendium, was dessen Arbeit zur Geschichte des Stummfilms wesentlich befördert. Zum siebzigsten Geburtstag von Thomas Mann schreibt Kracauer:
„Ihre historische Größe scheint mir darin zu liegen, dass es Ihnen gelungen ist, jene unendlichen Hemmungen und Widerstände zu überwinden, die den Deutschen immer wieder daran verhinderten, der Realität ins Auge zu sehen, an die Gesellschaft zu denken, in der er lebt, und der Vernunft das zu geben, was ihr gehört, ohne darum an echter Tiefe zu verlieren. Viele Deutsche vor Ihnen, die groß heißen und wohl auch sind, folgten dem übermächtigen romantischen Zug und versanken in einer gleißnerischen Tiefe je älter sie wurden. Sie sind den umgekehrten Weg gegangen, den, der an die Oberfläche, ans nüchterne Tageslicht führt, und haben dabei unter schweren Mühen versucht, das von der Fracht zu retten, was wirklich kostbar ist und nicht nur Ballast. Diese Entwicklung von innen nach außen, von der schlechten Innerlichkeit zur guten Äußerlichkeit, scheint mir mehr und mehr der paradigmatische Zug in Ihrer historischen Erscheinung – ich meine jene Erscheinung, die aus den Werken entsteht, aber nicht aus ihnen allein besteht, sondern über sie hinauswächst, sich verselbständigt und in der Geschichte weiter wirkt. Sich nach Ihnen zu bilden, wird eine der wenigen Hoffnungen sein, die den Deutschen geblieben sind.“

Dies wäre schon ein wunderbares Schlußwort zum Rundbrief, wenn ich Ihnen dieses Bild nicht noch zeigen möchte. Es zeigt das Mausoleum von Dr. Hermann Weil, der gemeinsam mit seinem Sohn Felix den finanziellen und auch ideellen Grundstein für das Institut für Sozialforschung in Frankfurt legte. Er ließ es errichten neben dem jüdischen Friedhof von Waibstadt, nahe Sinsheim, weihte es 1928 noch ein kurz bevor er starb.
1938 wurde es verwüstet, seine Urne entwendet. Vor beinahe 50 Jahren sah ich es zum ersten Mal. Mein Großvater zeigte es mir eher beiläufig bei einem Sonntagsspaziergang. Die Kuppel war geborsten, Bäume sprossen aus den Mauerritzen. Mir, dem Schulbub von damals, war noch nicht bewußt, welch begeisterter Nazi mein Großvater gewesen war. Das Bauwerk wurde mittlerweile bereits zweimal saniert. So weit der Blick in meine Unterwelt, die mich zum Schaffen drängt.
Bleibt mir zum Abschluß nur, Ihnen alles Gute und vor allem Gesundheit zu wünschen. Herzlich Ihr Peter Baumgärtner