Liebe Mitglieder des Ortsvereins Bonn-Köln der Deutschen Thomas-Mann-Gesellschaft, liebe Interessierte an unserer Arbeit,
leider haben sich bis dato nur sehr wenige Personen zu unserer Veranstaltung am 30. Juni im Woelfl-Haus angemeldet. In sehr eingeschränkter Zahl ist auch eine Teilnahme vor Ort möglich. Diese wenigen Plätze werden von Frau Prof. Haider-Dechant persönlich vergeben: Sitzordnung, Abstände von Paaren und Einzelpersonen können nur in diesem Sinne verwaltet werden. Ich fände es ausgesprochen schade, wenn dieser außerordentliche Kunstgenuss von nur wenigen Menschen geteilt würde, ganz abgesehen von den Mühen, die sich viele Menschen gemacht haben, um diesen Abend zu realisieren.
Es mag auch sein, daß an diesem Abend ein Fußballspiel von nationaler Bedeutung stattfindet – ich habe mich in diesen Belangen noch nicht kundig gemacht – aber da muß jeder wissen, wo seine Präferenzen liegen.
Hierfür nochmals der Link, mit dem man sich für das Streaming-Angebot anmelden kann: (https://www.woelflhaus.de/events/adorno-beethoven-thomas-mann; https://dringeblieben.de/videos/adorno-beethoven-thomas-mann) Bitte machen Sie in Ihrem Bekanntenkreis Werbung.
Hier nochmals das Programm, das die Herren Fukuma und Fürtjes zur Aufführung bringen:
Das Programm:
Theodor W. Adorno (1903-1969) Drei Klavierstücke (1927-1945)
- Adagietto – Hommage á Bizet
- Die böhmischen Terzen
- Valsette
Alban Berg (1885-1935) Klaviersonate op. 1
Thomas Mann (1875-1955) Lesung aus dem Kapitel VIII des Romans „Doktor Faustus“
Ludwig van Beethoven (1770-1827) Klaviersonate Nr. 32 c-Moll op. 111
So viel zu unserer Veranstaltung zu Kapitel VIII des Dr. Faustus.
Nun gehe ich fünf Kapitel zurück und zeige Ihnen diesen Schmetterling:
Hetaera Esmeralda…

… dieser wunderbaren Metapher für Liebe, Versuchung und Vergänglichkeit aus Kapitel III. Im Rahmen einer geschäftlichen Korrespondenz habe ich kürzlich den kaufmännischen Leiter des Museum Alexander Koenig (für das mein Büro seit 25 Jahren Sanierungen und Umbauten durchführt) gebeten, mir den Kontakt zu den Lepidopterologen in seinem Hause herzustellen, was er auch umgehend tat und ich die beiden zuständigen Damen dann fragen konnte, ob es die von Thomas Mann beschriebenen Tierchen gibt und ob sie solche in ihrer Sammlung hätten. Umgehend bekam ich das vorgestellte Bild geschickt verbunden mit den Zeilen:
Die Art Hetaera esmeralda gibt es wirklich, auch wenn sie jetzt als Unterart einer anderen Art gesehen wird und deshalb anders heisst (Cithaerias andromeda esmeralda). Sie ist nur aus Pará in Brasilien bekannt, und wir haben davon in der Sammlung leider keine Exemplare, aber von verwandten Arten haben wir sicherlich was. Hier ein Foto vom Holotypus dieser Art, also das Exemplar wonach die Art von Edward Doubleday in 1845 beschrieben worden ist
Es ist nicht so, daß ich diesen Satz vollständig verstünde. Daher haben mich die Damen für Anfang Juli in Ihre Sammlung eingeladen, wo wir uns umschauen wollen auch nach den anderen von Jonathan Leverkühn gezeigten Faltern. Damit verbunden ist natürlich die Idee, eine Veranstaltung im Museum Koenig durchzuführen, bei der nach einer Lesung aus Kapitel III entsprechende Exponate gezeigt und mit wissenschaftlichen Erläuterungen aus kundigem Munde versehen werden. Eine kurze Führung durch das Haus könnte sich anschließen, das neben seiner wissenschaftlichen Bedeutung auch eine wichtige Rolle in den Gründungsjahren unserer Republik einnahm: Hier fand 1948 die feierliche Eröffnung des Parlamentarischen Rates statt, der unser Grundgesetz entwickeln sollte, hier hatte Konrad Adenauer sein Büro in den ersten Monaten seiner Kanzlerschaft. Im nächsten Rundbrief werde ich von meinem Besuch berichten.
Sie spüren: Die schwindelerregend rasant fallenden Inzidenz-Zahlen laden zum Träumen ein. Den Warnungen der Politik, nicht allzu schnell die Masken fallen zu lassen, steht ein großer Druck und eine Sehnsucht der Öffentlichkeit gegenüber, wieder Präsenzveranstaltungen zuzulassen. Der Buchhändler Alfred Böttger hat, mutig wie er ist, bereits 19 Veranstaltungen für den Herbst geplant. Auch wir werden Termine vereinbaren, wollen aber in einem absehbaren Überangebot an nachgeholter Kultur nicht ertrinken. Herrn Prof. Oellers habe ich schon angesprochen: Sein Vortrag zu Bert Brecht und Thomas Mann liegt noch auf seinem Schreibtisch. Ob wir damit in eine Schule gehen können und dürfen, wird sich zeigen.
Mit welcher Verve und mit wieviel Lust ich mich dann in die Veranstaltungsplanung begeben werde, wird entscheidend davon abhängen, wie groß der Zuspruch zu unserer Veranstaltung im Woelfl-Haus sein wird. Wir leben durchaus in Zeiten, in denen sich die Kümmerer um Kultur über einen Klapps auf die Schulter freuen.
In diesem Sinne grüßt sie herzlich Ihr Peter Baumgärtner
PS: Im Anhang der Antwortbrief von Frau Ellen Klose auf meine letzten Rundbriefe mit wie immer sehr interessanten, weiterführenden Hinweisen.
Anlage Brief Klose
Lieber Herr Baumgärtner, nach meiner Mail vom 4. Mai an Sie habe ich noch weitergelesen.
Zur „Pariser Rechenschaft“ gibt es im Essay II-Kommentarband noch Diverses – teils in Französisch – betreffend die (problematischen) deutsch-französischen Beziehungen, u.a.:
- Einführende Bemerkungen zur Lesung „Liberté et Noblesse“ und „Grace Aristocratique“ in Paris; seine Lesung aus „Goethe und Tolstoi“;
- Geistige Tendenzen des heutigen Deutschlands;
- Entmilitarisierung des Rheinlandes;
Ein Teil seiner Ansprache war ins Französische übersetzt und von TM vorgetragen worden – um seinen Respekt vor den Franzosen zum Ausdruck zu bringen.
Thomas Mann hatte sich wohl auch gern in der Rolle des Vermittlers zwischen beiden Staaten gesehen, dieser Besuch im Januar 1926 war ihm „eine Ehrenpflicht“. Die Achtung dafür wurde ihm ja auch entgegengebracht. Dazu sollte auch die Einladung des Pariser PEN-Clubs an ihn gesehen werden.
Ich freue mich schon sehr auf den Meinungsaustausch in unserem Gesprächskreis – der, wie mir scheint, immer weitere Kreise zieht.
Im Kommentar zu den „Pariser Rechenschaften“ wird auch wiederholt Bezug genommen auf die „Betrachtungen eines Unpolitischen“ (Considérations d’un non-politique resp. Considérations d’un apolitique). Dazu passt – wie gerufen – der Kommentar von Florian Keisinger im Feuilleton der FAZ vom 15. Mai 2021-Seite 14-Nr. 116
„Thomas Mann an die Front – Taugt der Autor zur Waffe gegen die Identitätspolitik?“ In den Vereinigten Staaten gibt es jetzt eine Neuauflage der „Betrachtungen“, zu der der New Yorker Ideenhistoriker (???) Mark Lilla das Vorwort beigesteuert hat. Lilla ist, wie F. Keisinger schreibt, „bisher nicht als Thomas-Mann-Experte in Erscheinung getreten“, wohl aber „als scharfer Kritiker einer linken Identitätspolitik, deren Absolutheitsanspruch und Kompromissresistenz er als Spaltpilz liberal-demokratischer Konsenzfindung erachtet- und damit als Gefahr für die Demokratie insgesamt“. Ein Disput Kunst versus Politik – fürwahr. Wenn man bedenkt, dass dieser Essay von über 100 Jahren geschrieben wurde, ein bemerkenswerter Kommentar. Lilla bezieht sich in seinem Vorwort auf das folgende Werk von TM und weist insbesonders auf den Zauberberg (hier die Kontroversen des Demokraten Settembrini mit dem Jesuiten Naphta) , die Josef-Romane und Dr. Faustus hin.
An Gesprächsstoff wird es uns wohl nicht mangeln.
Mit besten Grüßen aus Duisburg und bleiben Sie gesund Ellen Klose