Februar 2010

Februar 2010

Am 2. Februar 2010 hat Frau Dr. Inge Jens auf Einladung der Deutschen Thomas-Mann-Gesellschaft, Ortsverein BonnKöln, im Universitätsclub Bonn wesentliche Passagen aus ihrer Autobiographie „Unvollständige Erinnerungen“ gelesen. Sie hat u.a. die Zeit, in der sie ihren Ehemann Walter kennen gelernt hat, die Begegnungen mit Katia und Golo Mann und ihre Erfahrungen bei der Erstellung der Tübinger Universitätschronik vorgestellt. Dabei hat Frau Jens jeweils diese Zeitabschnitte sehr persönlich eingeführt, zugleich aber auch nüchtern ihre Rolle als Editorin z.B. der Briefe Thomas Manns an den Bonner Dozenten Ernst Bertram und die der Tagebücher Thomas Manns reflektiert.

In dem der Lesung folgenden Gespräch erzählte Frau Jens, dass sie bei der Herausgabe der Geschwister Scholl-Briefe vor allem die Unterschiede zwischen den Geschwistern Scholl und ihr bewegt haben. Sie habe sich mehrfach selbst gefragt, warum die Studenten der Weißen Rose die Zeit des Nationalsozialismus so anders wahrgenommen haben. Vielleicht habe ihr Elternhaus habe keine vergleichbaren Verhältnisse für Leistungs- und Verantwortungsgefühl geboten, vielleicht sei die Schulbildung verantwortlich – vielleicht seien dies aber auch nur Ausreden.

Demgegenüber bejahte sie ausdrücklich die Nachfrage zum weiter notwendigen zivilen Ungehorsam, den sie in ihren „Erinnerungen“ mit der Aufnahme von zwei US-Soldaten, die sich dem Irak-Krieg entziehen wollten, und mit der Sitz-Blockade des amerikanischen Raketenstützpunktes Mutlangen ausführlich gewürdigt hatte. Frau Jens sagte akzentuiert, auch unsere heutige Demokratie braucht solchen „zivilen Ungehorsam“. Außerdem gab sie auf Nachfrage eine bewegende Skizze von den Umständen ihres Lebens in den vergangenen fünf Jahren, die von der Krankheit ihres Mannes Walter gekennzeichnet sind. Ungeachtet dessen würdigte Frau Jens die gemeinsame Arbeit an den drei Büchern zur Pringsheim-Familie, die an ihrem Textfluss nicht erkennen lassen, dass zwei in ihren Charakteren sehr verschiedene Persönlichkeiten daran gearbeitet haben.

Ein lang anhaltender Beifall des Publikums beschloss die faszinierende und natürliche Darstellung dieser Autorin, die heute selbst zur Zeitzeugin geworden ist. Wie sie im Nachhinein berichtete, plant sie – jetzt im Alter von 83 Jahren – noch verschiedene und anspruchsvolle Buchprojekte, aber auch eine Verfilmung, die sie selbst betreffen würde